Gesunde Ernährung ist wichtig – das wissen wir alle. Doch gerade im Alter wird es oft schwieriger, sich ausgewogen zu ernähren. Viele Seniorinnen und Senioren sind von Nährstoffmangel betroffen – mit Folgen für die Gesundheit und das Immunsystem. Warum das so ist und worauf es bei der Ernährung im Alter ankommt, darüber haben wir mit Ernährungsexpertin Dr. Gunda Backes gesprochen.
Frau Dr. Backes, warum ist gerade bei älteren Menschen das Risiko für eine Unterversorgung an Vitaminen und Mineralstoffen so hoch?
Backes: „Das liegt daran, dass sich im Alter einfach vieles ändert. Die Portionen werden oft kleiner, auch weil der Kalorienbedarf sinkt, und gleichzeitig bleibt aber der Bedarf an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen gleich hoch oder kann sogar noch steigen durch bestimmte Erkrankungen oder auch Medikamente. Und manchmal schmeckt das Essen auch nicht mehr so gut wie früher. Das liegt daran, dass sich das Geschmacks- und auch das Durstempfinden ändern kann. Und wenn dann noch dazukommt, dass man vielleicht nicht mehr so gut kauen oder schlucken kann, dann ist die Gefahr groß, dass man einzelne Lebensmittel einfach weglässt. Und dann kann eben eine Unterversorgung mit verschiedenen Nährstoffen entstehen, obwohl man eigentlich das Gefühl hat, dass man regelmäßig isst.“
Welche Folgen kann eine Unterversorgung haben?
Backes: „Dazu ist erstmal wichtig zu verstehen, dass wir Menschen Mikronährstoffe, also Vitamine, Mineralstoffe, aber auch andere essentielle Stoffe, wie zum Beispiel Omega-3-Fettsäuren, nicht selbst herstellen können. Das heißt, wir müssen sie regelmäßig und in ausreichenden Mengen über unser Essen aufnehmen, sonst gibt es Versorgungslücken und die sind dann nachteilig für unsere Gesundheit und auch die Lebensqualität. Dann fühlt man sich vielleicht auch schlapp und müde oder antriebslos, schiebt das dann auf das Alter. Dabei steckt dann zum Beispiel aber eine Unterversorgung oder sogar ein Nährstoffmangel dahinter. Daher ist es besonders im Alter wichtig, auf eine gute Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen zu achten, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten.“
Welche Nährstoffe sind denn gerade bei älteren Menschen besonders kritisch und warum?
Backes: „Weit verbreitet ist, dass das Vitamin D fehlt. Das kann der Körper unter bestimmten Voraussetzungen über die Haut selbst bilden und zwar muss man dafür eben in der Sonne sein. Allerdings ist es natürlich so, dass im Herbst jetzt und im Winter in Deutschland die UV-B-Strahlung nicht ausreichend ist, um genügend Vitamin D zu bilden. Und dazu kommt, dass mit steigendem Alter diese Fähigkeit auch noch nachlässt. Wenn jetzt jemand bettlägerig ist oder immobil und sich nur sehr wenig oder gar nicht mehr im Freien aufhalten kann, dann ist es eben ein ganzjähriges Problem und diese Menschen sind dann besonders gefährdet, Vitamin-D-mangelernährt zu sein. Das Vitamin D brauchen wir einfach – nicht nur für Muskeln, Knochen und Zähne, sondern auch für unser Immunsystem.“
Bei welchen Nährstoffen zeigt sich außerdem oft ein Mangel?
Backes: „Die Palette dafür ist ziemlich groß. Also da haben wir zum Beispiel das Vitamin C, das ist wichtig für unser Immunsystem, Folsäure, Zink und Selen, aber zum Beispiel auch das Vitamin B12. Da ist die Aufnahme bei den älteren Menschen häufig gestört. Oder auch die Omega-3-Fettsäuren, die sind wichtig für die Herzgesundheit, wir brauchen sie auch für unsere Gehirnfunktion. Und ein weiteres Beispiel wäre noch das Eisen, das wichtig ist für die Bildung der roten Blutkörperchen und spielt eine wichtige Rolle beim Sauerstofftransport.“
Wie kann man solche Defizite ausgleichen, was wäre Ihre Empfehlung?
Backes: „Die wichtigste Empfehlung ist tatsächlich, darauf zu achten, wie sich die älteren Menschen ernähren und genauer hinzuschauen, was und wie viel sie essen. Und das gilt ganz besonders natürlich in Pflegeeinrichtungen und auch für die pflegenden Angehörigen. Primär sollte man immer schauen, was man über die tägliche Ernährung erreichen kann. Also, dass das Essen gut schmeckt, dass es nährstoffreich ist. Mit einfachen Mitteln kann man da oft viel erreichen. Aber wenn das einfach nicht mehr reicht, können Nahrungsergänzungsmittel helfen, die Versorgung mit einzelnen wichtigen Mikronährstoffen zu verbessern oder auch sicherzustellen. Und an der Stelle können dann auch Ärzte oder Ernährungsfachkräfte beratend zur Seite stehen.“
Wer also im Alter fit und aktiv bleiben möchte, sollte Ernährung und Nährstoffversorgung im Blick behalten – gerade, wenn der Alltag anstrengender wird oder der Appetit nachlässt. Wichtig ist, Mangelerscheinungen früh zu erkennen und gezielt gegenzusteuern.

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